Sonntag, 9. September 2007
Nachtrag: Auszug aus einem Verhörprotokoll der norwegischen Polizei
Kriminalassistent Olof Fredersen legte die Papiere auf den Stapel. „Ist schon eine seltsame Geschichte. Wie aus dem Nichts kommen Nebel und Sturm auf, in einem Gebiet, das nicht mal einen Quadratkilometer groß ist. Und der Kapitän hält wie ein Besessener darauf zu.“
Sein Kollege Ben Alderstadt schüttelte mit dem Kopf. „Hat er doch abgestritten, das war die Automatik, sagt er. Aber da sollen sich die Spezialisten drum kümmern, wir haben hier besseres zu tun. Du übrigens auch!“
„Ist ja schon gut. Aber es macht mir eben Angst, wenn wir hier vor der Haustür so etwas wie ein Bermuda-Dreieck haben. Bestimmt alles wegen der Klimakatastrophe!“
„Quatsch! Bermudadreieck! Es ist doch überhaupt nichts passiert! Das Schiff kam wegen Fehler in der Steuerung vom Kurs ab und in unruhige See. Ein paar Passagiere wurden hysterisch und der Kapitän brachte das Schiff zurück in den Fährhafen. Punkt. Und ein Bermuda-Dreieck gibt es nur im Kopf deiner komischen Zeugin.“ Alderstadt zeigte auf auf die Glastür, hinter der eine dicke Frau zu sehen war, die verstört auf einem Stuhl saß und vor sich hinstarrte.
„Ja, sie ist wohl ein bisschen Durcheinander. Vielleicht bekommt ihr die Seefahrt generell nicht so richtig.“
„Seefahrt generell? Ne generelle Macke hat sie!“ Alderstadt zog ein paar beschriebene Blätter aus dem Stapel. „Hier, warte mal..., aha, ich hab’s: ‚Als wir der Nebelbank näher kamen und ich mir sicherheitshalber eine der Spucktüten genommen hatte, guckte aus der Tüte plötzlich eine schwarze Plüschkuh raus und brüllte mich an.’“
Fredersen zuckte mit den Schultern. „Wenn sie so eine Angst vor dem Ertrinken hat, dann kann sie sich alles Mögliche einreden.“
„Eben. Und wir müssen diesen diesen Mist jetzt protokollieren. Wie das hier: ‚Die schwarze Kuh schrie, dass das Schiff untergehen werde und keiner würde überleben. Nur sie – also die Kuh - und ihre beiden Gefährten. Und dann wollte die Kuh unter Wasser mit den beiden anderen Figuren durch eine Tür in eine andere Welt gehen...’ Also ehrlich, damit sollte sich ein Arzt beschäftigen und nicht die Polizei.“
„Ja vielleicht. Aber sie hat uns angerufen, wegen eines terroristischen Anschlags. Und dann müssen wir reagieren, egal, was dann dahinter steckt.“
„Ja ja, und lachen dürfen wir auch nicht!“ Alderstadt grinste. „Wo sind eigentlich die Plüschtiere?“
„Ähm, Stefan macht grad Fotos, für die Kartei.“
„Fotos für die Kartei? Ja seid Ihr denn jetzt alle verrückt geworden?“
„Ich glaube, er macht’s eher aus Spaß, um die Frau zu beruhigen.“
„So ein Blödsinn! Vielleicht werden wir von der Frau nur vorgeführt und morgen steht in der Zeitung : Norwegische Polizei verhaftet Plüschkuh und Teddy wegen Verdachts auf Bombenanschlag! Oh Mann, euch darf man nicht einen Moment alleine lassen.“ Alderstadt erhob sich schwerfällig von seinem Stuhl. „Wir werden den Mist jetzt abschließen. Ich hole mal die ‚Verdächtigen’.“ Er lachte. „Erst zum Verhör, und dann stecken wir sie in eine Plastiktüte, wie bei der Mafia. Hehe...“
Als Alderstadt zur Tür hinaus war, stand die dicke Frau auf und kam mit zögernden Schritten ins Zimmer. „Ach Herr Kommissar, ich weiß nicht, ob es hilft, aber der kleine schwarze Bulle hat mir sogar seinen Namen genannt!“
„Kriminalassistent, nicht Kommissar. Ähm, kleiner schwarzer Bulle?“ Fredersen schaute die Frau irritiert an.
„Oh, Entschuldigung, na, ich meine dieses kleine Plüschtier. ‚Roland’ heißt er, hat er gesagt...“
„Roland? Ähm gut, ich schreibe es noch dazu.“
Die Frau nickte beruhigt, verließ aber erst das Zimmer, als Fredersen den Namen auf einem kleinen Zettel notiert und auf den Stapel Papier neben sich gelegt hatte. Auf den Bogen mit der Meldung vom Wetteramt, dass man sich die Wetteranomalie nicht erklären konnte. Ein Strudel mitten in der Nordsee, genau so schnell verschwunden, wie er gekommen war...

Roland fluchte. Natürlich nicht laut, denn es waren Menschen in der Nähe. Die einzige, die ihn gehört hatte, war die dicke Frau auf dem Schiff. Aber die war so durcheinander gewesen, dass sie es vielleicht schon vergessen hatte. Und wenn nicht, wer würde ihr schon glauben. Allerdings hätte sie ja auch nicht gleich rumschreien müssen, von einer Bombe und kleinen schwarzen Terroristen. Roland grinste, als er an die Gesichter der Polizisten dachte, nachdem die Frau ihn hochgehalten und als Bombenleger verdächtigt hatte.
Aber schlimm war, dass sie das Portal verpasst hatten. Aus irgendeinem Grund hatte das Schiff aufgehört, darauf zu zu steuern. Roland hatte nicht mehr viel mitbekommen, die Pilze vom Vorabend hatten ihm zu schaffen gemacht. Er hatte sich in seine Tüte verkrochen und hörte von dort den Lärm auf dem Deck. Die Passagiere schrien wild durcheinander und irgendwann war dann die Polizei an Bord gekommen und hatte sie eingesammelt. Ihn und die anderen beiden.
Aber zumindest waren der Bär und die gestreifte Kuh jetzt in seiner Nähe. Er müsste also nach einem neuen Portal suchen.
Und er würde es finden. Wenn sie denn hier wieder herauskämen...




ENDE

Exklusiv-Interview mit Roland-Darsteller Roland hier