Montag, 7. September 2009
Immer ich
Ich könnte mich schwarzärgern. Hochmotiviert im Zug sitzend, da ich mit meiner kleinen Tochter meinem Geburtstag entgegenfahre, trifft mich die Ahnung wie ein Blitz. Ich habe meine Bahncard vergessen. Ein Blick in die Brieftasche bestätigt meine Vorahnung - das entsprechende Fach ist leer. Eigentlich weiß ich auch, wo sie liegt, nämlich auf meinem Schreibtisch im Büro. Und das auch nur, weil ich zum Wochenende wieder im Büro war und bei der Gelegenheit ein paar Papiere sortiert habe. Damit alles seine Ordnung hat. Ha ha.

Der Schaffner kommt und schaut mich an, während ich mich ihm als quasi Schwarzfahrer förmlich vor die Füße werfe. Dann runzelt er die Stirn und beginnt per Fingertippen und Bildschirmanstarren einen ausführlichen Dialog mit dem DB-Rechenknecht. Was rauskommt ist ein ewig langer Streifen Papier, das Dokument meiner Verfehlung, mit Strafandrohung und Kontodaten für den fälligen Obolus. Na ja, muss ich die Woche mal meinen Dokumentenkoffer zur Bahn schleppen, dann brauch ich statt der 40 Euro wohl nur eine Bearbeitungsgebühr bezahlen, wie hoch die auch immer sein mag. Das wusste selbst der Schaffner nicht.

Und dann geht er weiter. Ohne meinem Gegenüber auch nur einen Blick zu zu werfen. In mir steigt die Wut hoch, während mein Gegenüber lustig losplappert. Er heiße Roland und spare eigentlich bei jeder Fahrt die Fahrkarte. Ab und an schaue der eine oder andere Schaffner schon etwas komisch in seine Richtung, aber er hätte noch nicht ein einziges Mal bezahlen müssen. Und wenn er das Glück habe, dass ihm gegenüber auch noch ein reuiger Sünder sitzt, der der Bahn echt Geld einbringt, dann käme er sowieso immer ungeschoren davon.



Ein Schwarzfahrer. Das letzte Mal ungeschoren ...

Mir reichts. Ich nehme meinen Fotoapparat und mache ein Foto von ihm. Er freut sich, weil er denkt, ich hätte ihn als Berühmtheit erkannt. Immerhin hätte er mal die Hauptrolle in einer Stephen-King-Adaption gespielt und entsprechende Interviews gegeben. Aber das interessiert mich nicht. Ich werde das Foto nächste Woche den Leuten von der Bahn übergeben, vielleicht komme ich glimpflich davon, wenn ich der Bahn eine neue Geldquelle erschließe.
Einen Schwarzfahrer.
Einen echten.

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