Sonntag, 11. März 2007
Post südwärts mondwärts...
Der Bär schlurft durch den Staub. Wobei es ein eher schwebendes Schlurfen ist. Der Bär fragt sich, was es für Geräusche machen würde, sein Schwebschlurfen, hier oben auf dem Mond.

Wo er so leicht ist, dass seine Waage ihm das nicht glauben würde. Zu gut kennt sie ihn inzwischen. Manchmal hat der Bär den Eindruck, seine Waage könne ihn kurz ansehen und dann schon das Ergebnis kennen, während die Bärenfüße sich noch auf der geformten Gummifläche ihren Platz suchen. Dann glaubt er zu spüren, wie die Waage zu ihm herauf schaut und extra noch ein Kilo mehr anzeigt, als Strafe für das opulente Abendessen gestern Abend. Übrigens hatte die kleine Bärentochter eine Weile ihre Eltern beim täglichen Gang auf die Waage beobachtet. Dann hat sie sich selbst raufgestellt und den Papa gebeten, ihr die Zahl vorzulesen, ihr also zu sagen, wie groß ihre Füße sind. Und sie hat gefragt, ob die Füße wirklich jeden Tag größer werden, halb erschrocken, halb hoffnungsvoll… Lange her. :o)

Der Bär schwebschlurft weiter, seine Bewegungen sehen hier oben aus wie in Zeitlupe. Das Gegenbild zu seinem aktuellen Alltag, zu der Eintagsfliegenhektik, die sich Tag für Tag wiederholt. Eine Hektik, die motivierende Ziele wie eine Tarnkappe mit sich trägt, die sich hinter dem Spaß an der Arbeit versteckt. Und die oft erst zu spüren ist, wenn der Tag vorbei und der Schreibtisch voller ist als noch am Morgen.

Der Bär kommt jetzt dort an, wohin er aufgebrochen war. Ein Mondgrundstück von besonderer Bedeutung, eine Adresse, die er gut kennt… Die Besitzerin ist nicht da. Trotzdem erkennt er an jeder Einzelheit ihre ordnende und bunt einfärbende Hand. Den Mondblumen lassen allerdings ein wenig die Köpfe hängen, der Briefkastendeckel lässt sich nur mit Mühe anheben, einer der beiden Liegestühle vor dem Haus ist voller Staub. Der Bär seufzt, Spuren seiner Abwesenheit…
Nachdem er seinen Stuhl entstaubt und zurechtgerückt hat, lässt er sich hineinfallen. Auch das sieht hier auf dem Mond eleganter aus, als er es auf der Erde je hingekriegt hätte. Der Bär blickt in den schwarzen Sternenhimmel. Mittendrin die große Erdkugel. Sein Blick verliert sich in den Farben und Formen der Erde, die so anders aussehen, als der Rest vom Himmel. Und die dennoch so vertraut erscheinen. Selbst von hier oben. Durch den Kopf des Bären tönen Melodien, die neueste Songs von Grönemeyer. Melancholie, die leise fröhlich macht, Texte, die wie immer den direkten Weg in die Bärenseele finden. Der Bär denkt noch, wie gut der alte Herbert des Bären Seele kennen muss, als er plötzlich auf der Erdkugel einen schnell wachsenden Wirbel ausmacht. Wenn der Bär sich nicht irrt, liegt dieser Wirbel genau über dem Ort, an dem er seinen Bärenalltag verbringt. Immer schneller wird der Wirbel , immer größer, als würde er auf den Bären zu kommen. Und er scheint den Bären förmlich aus dem Liegestuhl herauszusaugen. Der Bär wundert sich noch, als er den Wirbel sogar zu hören scheint, und da schwebt der Bär schon. Er beginnt sich zu drehen, kopfüber, hin und her. Und er fällt, weiß nicht, ob nach oben oder unten. Ein letzter Blick auf das immer kleiner werdende Mondgrundstück. Blumen hatte er gegossen, seinen Liegestuhl entstaubt. Den Briefkasten muss er noch ein wenig ölen, das nächste Mal.
Der Wirbel kreiselt schneller. Und er wird lauter. Lauter als des Bären Gedanken, lauter als der immer noch singende Grönemeyer. Zu laut, um es noch länger aushalten zu können. „Warum haben Träume keinen Abspann“, singt Grönemeyer… Dann ist nur noch der Sturm zu hören und die Erdoberfläche kommt näher, schnell und immer schneller…

Der Wecker klingelt, genauer gesagt das weckende Handy, mit dieser penetranten Wecktonwiederholung. Ich schlage die Augen auf und gehe den Ablauf der nächsten Minuten im Kopf noch einmal durch, um ein paar Sekunden zu finden, die ich einsparen, die ich länger im Bett bleiben könnte. Ich finde keine. Also raus. Also los.
Also den Tag begonnen, der im Moment vor allem daraus besteht, Träume für das Zeitschriftenregal zu produzieren, unseren Stress in Lächeln zu verwandeln, bei denen, die diese Träume in der Hand halten werden. Ich gehe durch die morgenkalte Stube und schalte den Rechner ein. Bei einem ersten Kaffee Mails abrufen. Dann Grönemeyer laut drehen, klar. Und diese Geschichte in den Briefkasten werfen, in den auf dem Mond.
Damit der Briefkastendeckel schon wieder ein kleines bisschen leichter geht… :o)

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