Freitag, 17. März 2006
Nordkühe
Es gibt eigentlich nur zwei Gründe, aus denen jedes Jahr mehr und mehr Deutsche ihren Urlaub in Norwegen verbringen.

Der erste ist das Angeln. Nirgends in greifbarer Nähe sind die Fische so groß, so vielartig, so einfach ins Boot zu bekommen, wie in Norwegen. Sagen die Angler. Während die Naturfreunde sich an der herbschönen Symbiose von Bergen und Fjorden erfreuen, wälzen die Angelprofis die Seekarten, lernen Tiefenlinien auswendig und kümmern sich rechtzeitig um die Seewetterberichte und Flutzeittabellen. Es sei ihnen gegönnt.

Der zweite Grund ist der, einmal einen richtigen freilebenden Elch zu sehen. Ohne dafür extra nach Alaska zu müssen.
Die Elchfreunde kleben gleich nach dem Verlassen der Fähre mit dem Gesicht am Autofenster. Jeder will der erste sein, der einen leibhaftigen Elch sieht, schließlich ist man ja in Norwegen. Genervt von den vielen Elchwarnschildern, die ihr rot eingerahmtes Versprechen einfach nicht halten, lässt bald die Konzentration nach.
Aber dann ertönt der laute Schrei: "Ein Elch!!!" Der Fahrer ist kurz davor, mit dem Wagen vor Schreck von der Serpentine zu brettern, wagt aber mutig einen kurzen Blick zur Seite. Die mitfahrenden Kinder holen den Elchentdecker sehr schnell in die Wirklichkeit zurück. "Quatsch, das ist eine Kuh!" Und dann sehen es alle. Tatsächlich, eine Kuh, ein ordinäres Rindviech, wie man es auch zu Hause rumzustehen hat. Irgendwo, auf eingezäunten Weiden.
Die Kinder fangen an, ihren Spaß daran zu haben, jetzt überall "Elche" zu entdecken. Der Fahrer hat keinen Nerv mehr dafür, er fährt Slalom, zwischen auf der Straße herumlungernden Bergziegen. Und ist froh, dass es keine Elche sind.
Der Elchentdecker lehnt sich beleidigt in seinen Sitz zurück. Wie können hier Kühe rumstehen, wenn man gekommen ist, um Elche zu sehen?

Die Norweger selbst aber hegen und pflegen ihre Rindviecher. Mühsam sammelt man ihnen die Steine aus dem Weg, damit sie die Berge hochklettern können, ohne sich die Beine zu brechen. Und abends im Stall erwartet die Kühe ein Lager nicht etwa aus einfachem Stroh, nein, sie schlafen auf Matratzen.
Die EU hats aufs Papier gebracht, die Norweger machen Ernst - ihre Kühe schlafen weich und geben dafür mehr Milch. Ein gelungener Deal.
Hinter vorgehaltener Hand erfährt man außerdem, dass einige der norwegischen Milchbauern inzwischen schon ein Stück weiter gehen. Über illegale Tauschbörsen werden CDs weitergegeben, auf denen Schlaflieder sind, die nachweislich die Milchproduktion noch stärker auf Touren bringen.
Danach von uns befragt, kratzt sich der Bauer Ole P. verlegen am Hinterkopf und druckst ein wenig rum. Ja, zugegeben, noch sei es die berüchtigte deutsche Volksmusik, bei der der weiße Stoff in Mengen fließt. Aber das bekomme man schon hin, man müsse nur einige der eigenen Texte umschreiben. Am besten die Lieder über die Elche...

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